„Therapeutisches Reiten“ Die Geschichte des Pferdes als Medium der Bewegungstherapie ist schon sehr alt und reicht bis ins Altertum zurück. In ärztlichen Schriften bereits aus den nach christlichen Jahrhunderten, noch mehr in diätetischen Schriften des 16. bis 18. Jahrhunderts, finden sich zahlreiche ärztliche Zeugnisse über das Reiten als therapeutische Maßnahme. Etwa Anfang der fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts entdeckten Therapeuten und Ärzte „das Bewegt werden auf dem Pferd“ als therapeutische Methode wieder. Heute wird der Terminus "Therapeutisches Reiten" nur als Ober- oder Sammel­begriff, nicht jedoch als Bezeichnung einer bestimmten therapeutischen Methode verwendet. Zunächst erfolgte " Therapeutisches Reiten" noch weitgehend unter medizinisch- bewegungstherapeutischen Aspekten, also in Form der heutigen Hippotherapie. Etwa ab Mitte der sechziger Jahre entwickelte sich die Heilpädagogische Variante. Der Beginn des Behindertenreitsport lässt sich zeitlich nicht fixieren; immer schon hat es behinderte, sportfähige Menschen gegeben, die nach Eintritt einer Behinderung den Reitsport nicht aufgeben oder sich ihm neu zuwenden wollten. Der Begriff „Therapeutisches Reiten“ wird als Oberbegriff verstanden und gliedert sich in drei fachlich eigenständige Bereiche: Medizin - Hippotherapie Die Hippotherapie ist der rein medizinische Einsatz des Pferdes zur Ergänzung und Erweiterung der üblichen Physiotherapie / Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage.'Sie wird prinzipiell vom Arzt verordnet und von einer speziell dafür ausgebildeten Physiotherapeutin durchgeführt. Das eigens für diese anspruchsvolle Aufgabe ausgewählt und ausgebildete Therapiepferd wird von einem Pferdeführer, meist am Langzügel ( von hinten ) , im Schritt und auf genaue Anweisung des/der Physiotherapeuten/ in geführt. Dabei überträgt das Pferd auf den Rumpf des aufrecht sitzenden Patienten etwa 100 dreidimensionale Schwingungsimpulse pro Minute , nahezu identisch mit dem Bewegungsablauf des Gehens eines durchschnittlichen Erwachsenen. Wie keine andere Behandlungsmethode bietet dabei die Hippotherapie den Menschen mit unterschiedlichsten neurologischen Bewegungsstörungen und dadurch gestörter oder verlorener Gehfähigkeit, eine harmonische Fortbewegung im Raum, in vertikaler und gangähnlicher Körperhaltung und in komplexem gangphysiologisch ablaufenden Bewegungsmustern.Dabei wirkt der Patient nicht aktiv auf das Pferd ein sondern reagiert auf die ihm angebotenen Bewegungsimpulse im Rahmen seiner motorischen Fähigkeiten, übernimmt, wiederholt, verbessert und automatisiert sie letztlich.Das Ziel ist es, Muskelfunktionen oder Bewegungsabläufe durch Zugriff auf ein bereits subcortical ,d.h. im Gehirn gespeichertes und unbewusst ablaufendes Bewegungsmuster wie das Gehen wieder zu erlernen, zu verbessern oder zu erhalten. Weiterhin positiv wirkt sich die Pferdebewegung aus, auf Gleichgewicht und Koordination, auf Rumpfaufrichtung und -kontrolle und auf die Psychomotorik durch Motivation über das lebendige Medium Pferd und die Freude an der einzigartigen Bewegung bzw. Fortbewegung. Hauptindikationen zur Hippotherapie sind heute weitgehendst Symptome neurologischer Bewegungsstörungen wie sie beispielsweise zu finden sind bei der Multiple Sklerose, bei Zuständen nach Zustände nach Schädel-Hirn-Verletzung oder Schlaganfall, bei Bewegungsstörungen nach frühkindlicher Hirnschädigung ( Cerebralparese ) und vielen anderern neurologischen Krankheitsbilden . Pädagogik -heilpädagogische Reiten und Voltigieren Das heilpädagogische Reiten und Voltigieren umfaßt heilpädagogische Maßnahmen zur ganzheitlichen und individuellen Förderung über das lebendige Medium Pferd. Kinder, Jugendliche und Erwachsene können von den durch entsprechend qualifizierte Fachleute pädagogisch, psychologisch oder psychotherapeutisch wirksam eingesetzten Hilfen durch das Pferd profitieren. Dabei tritt eine günstige Beeinflussung der Entwicklung und des Befindens sowie des Erlebens und Verhaltens in den Vordergrund - vor der sportlicher Ausbildung. Zielgruppen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen Problemen und Chancen wie z.B. verhaltensauffällige, lern- und geistigbehinderte und psychisch kranke Menschen. Zielvorstellungen: Förderung im individuellen Bereich Förderung im sozialen Bereich Sport - Reiten und Fahren als Sport für Behinderte Im Rahmen des Behindertensportes gehört das Reiten zu den wenigen Sportarten, die Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam ausüben können. Der Pferdesport ist dabei unter Einbeziehung spezieller Hilfsmittel auf geschulten Pferden auch dem Schwerbehinderten zugänglich. Unter den Reitern finden sich sowohl Sinnesgeschädigte, Körperbehinderte als auch geistig Behinderte. Die Schulung von Reitern und Pferden erfolgt nach den Grundsätzen der Reitlehre. Die ärztliche Betreuung erfolgt dabei in der im Behindertensport üblichen Weise. Zur Teilnahme an Wettkämpfen ist der Besitz des Sportgesundheitspasses des DKTHR (Deutsches Kuratorium für Therapeutisches Reiten e.V.) Voraussetzung. 3 Bereiche: Freizeit-/ Breitensport: Im Vordergrund steht hierbei die sinnvolle Freizeitgestaltung mit dem Tier, die soziale Integration und der Ausgleich von behinderungsbedingter Bewegungsarmut, um Folge- und Sekundärschäden entgegenzuwirken. Leistungssport Im Leistungssport nehmen behinderte Reiter sowohl an Regelturnieren gemeinsam mit Nichtbehinderten als auch an speziellen Behindertenturnieren teil. Auch international nehmen behinderte Reiter an Meisterschaften teil. Fahrsport für Behinderte Besonders Menschen mit Gehbehinderungen finden im Fahrsport eine Möglichkeit der Freizeitgestaltung mit dem Pferd. Behindertengerechter Umbau einer Kutsche gibt dem Fahrer weitgehend Selbständigkeit und Sicherheit.